Testbericht Kawasaki Z900

Utes unmoralisches Angebot ihre Kawa einmal zur Probe zu fahren, hat am letzten Mittwoch meine Begeisterung für den Vierzylinder wieder geweckt. Die Z900 ist ein ganz ein tolles Moped...

Der direkte Tausch - runter von der Shiver und rauf auf die Kawa - weckte spontanes Freudengefühl. Ich fühlte mich auf der Z sofort zuhause. Die Maschine ist deutlich handlicher als die Shiver: es geht flotter und leichter in die Kurven und es baut sich sofort starkes Vertrauen in das Fahrwerk und Federung auf. Kräftiges Bremsen wird mit guter Bremsleistung quittiert, Bremsen in der Kurve zieht mit der Reifenerstauslieferung so gut wie kein Aufstellmoment nach sich.

Selbst über hoppeligen Straßenbelag geht es verbindlich, ohne zu Stuckern und ohne jeglichen Versatz ums Eck. Der Kurventanz bedeutet wesentlich weniger Arbeit als auf meiner Shiver. Die Kupplung ist im Vergleich zur Italienerin völlig leicht zu betätigen. Der Gangwechsel ist das reine Vergnügen. Spielend leicht und ohne jegliche Geräuschentwicklung geht er in allen Gängen vonstatten. Mit klinischer Akkuratesse kann vom ersten in den sechsten Gang rauf- und runtergeschaltet werden. Dagegen schaltet sich die Shiver teigig und hinsichtlich der Leerlauffindung ungenau. Außerdem zeigt die Kawa den eingelegten Gang bereits beim Einlegen des selbigen an. Und nicht erst nach losgelassenem Kupplungsgriff.

Die absolute Krönung des ganzen Gebindes ist der Motor. Ab 50 km/h kann im 6. Gang ruckfrei moderat beschleunigt werden. Sobald der Drehzahlmesser die 3.000 anzeigt ist die Hölle los. Und das in jedem (!) Gang. Schier unendlicher Schub führt zu den gleichen Gefühlswallungen wie in den Neunzigern mit meiner GSX/R. Der Klang des Motors ist eine Wucht. Die Modulation der Geräuschentwicklung vom untertourigen Fahren bis zum Abwinken im Begrenzer verursacht eine Gänsehaut. Der Auspuff reduziert die Geräuschentwicklung auf sozialverträgliche Werte in allen Drehzahlregionen. Es besteht überhaupt kein Bedarf, das Endrohr gegen ein leistungsminderndes, krawallförderndes und überteuertes Brüllrohr aus dem Hause Abkratzpowisch auszutauschen.

Das Ganze hat nur einen - sehr großen - Nachteil. Ich war mit der 900-er permanent zu schnell. Das Fahrwerk, der Motor und das überschaubare Gewicht machten es einfach zu leicht, in den Kurven deutlich flotter als auf der Shiver unterwegs zu sein. Und wenn das Leistungspotential des Motors beim Durchziehen der Gänge zu mehr als zwei Dritteln gefordert wird, zeigt der Tacho locker Zahlenkombinationen größer 1-8-0. Das ist grundsätzlich nichts Verwerfliches. Ich befand mich allerdings auf einer Landstraße...

Und das kann auf die Dauer sehr ungesund sein. Sowohl fürs Portmonaie als auch für die Gesundheit. Das Fahren eines solchen Geschosses erfordert permanente Disziplin und akkuraten Blick auf den Geschwindigkeitsmesser. Da weiß ich echt nicht, ob ich dazu stark genug bin...

Zitat von Kurvensau

@ Ingo ... schon mal mit der Tuono gefahren

Manni

Nö, Manni. Ich habe auf Stefans Tuono - Du hast ihn in 2016 im Erzgebirge kennengelernt - gesessen. Aber es passt bereits bei der ersten Sitzprobe nicht: für mein Geläuf sind die Ausbuchtungen im Tank an der falschen Stelle...