Hallo zusammen,
nachdem ich hier häufiger das Wort "Bandscheibe" im Zusammenhang mit Ängsten, Sorgen und Nöten bezüglich des Motorradfahrer-Daseins lese, dachte ich wir könnten das mal gesondert thematisieren. Ich würde anregen, dass jeder hier seine Erfahrungen preisgibt, damit man aus vielen einzelnen Aussagen vielleicht doch mal einen Trend erkennen kann.
Denn die sogenannten "Experten" scheinen sich da relativ uneinig - der eine Orthopäde rät davon ab wieder aufs Motorrad zu steigen, der nächste sieht darin kein Problem, solange man dabei keine Beschwerden hat, wiederum andere (Allgemein)-Mediziner halten das Motorrad sogar für das bessere Verkehrsmittel im direkten Vergleich zum Auto. Und dann gibt es natürlich die lieben Mitmenschen die allesamt zu Experten mutieren, wenn sie wittern, dass man ein Problem hat - und auch da gibt es wieder solche und solche Stimmen.
Was haben die behandelnden Ärzte euch gesagt - Wie geht ihr mit dem Problem um?
Als Betroffener mache ich mal den Anfang:
Im Herbst letzten Jahres wurden bei mir LWS-Bandscheibenschäden festgestellt - zunächst einmal bricht für einen natürlich die Welt zusammen. Mit damals 3 Wochen zuvor neu gekauften Shiver musste ich dann natürlich erstmal eine lange Pause einlegen. Dann rennt man von Arzt zu Arzt - merkt, dass jeder nur in seine eigene Tasche arbeitet (Rezepte für Physiotherapie oder Akkupunktur werden verschrieben - allerdings nur solange die in der hauseigenen Reha-Klinik eingelöst werden können. Rezepte für Fremdleistungen werden verweigert).
Nach einer mehr oder weniger langen Genesungsphase darf man dann wieder arbeiten gehen, wo man mehr oder weniger 8h/Tag sitzend verbringt.
Hier nun mein Standpunkt und meine Erfahrungen zum Thema Bandscheibenschäden und Motorradfahren:
Wenn ich den ärztlichen Segen habe 8h am Stück auf einem Fleck zu sitzen, dann kann mir der Mensch nicht sagen, dass ich nie wieder ein paar Stunden lang aktiv auf dem Motorrad sitzen kann. Man sagt mir ich könne gerne Fahrrad fahren um meinen fauligen Kadaver wieder in Bewegung zu bringen (sportlicher Ausgleich) - das Fahrrad hat kein so herrlich gedämpftes Fahrwerk wie die Shiver.
Mit dieser Einstellung im Hinterkopf habe ich dann, als ich schmerzfrei war, wieder die Shiver bestiegen und bin zunächst einmal kleinere Runden gefahren - in der Zwischenzeit war auch schon wieder eine 4-stündige Tour dabei (war nicht geplant, dass die so lang wird) - alles ohne Probleme. Ganz im Gegenteil: Manchmal merke ich, wie sich meine Rückenmuskeln im Laufe des Arbeitstages verspannen - der Zustand wird also schlechter. Immer wenn ich bisher dann mit dem Motorrad nach Feierabend den Heimweg etwas ausgedehnt habe, bin ich viel entspannter zu Hause angekommen als ich auf der Arbeit losgefahren bin. Ich empfinde die Sitzhaltung auf der Bella auch als viel angenehmer als in meiner 3er-Dose (wobei die schon sehr angenehm ist - im TT meiner Freundin krieg nach ner Stunde die Krise). Das Auf- und Absteigen fällt auch leichter als das Aus- und Einsteigen.
Heute erst war ich wegen bevorstehender Dienstreise bei einem Amtsarzt - der Vertritt den Standpunkt, dass die Volkskrankheit "Bandscheibe" primär Stressbedingt ist - das passt hier insofern ins Bild, dass ich durch das Motorradfahren Stress abgebaut habe (das kennen wir ja schließlich alle) - und die Beschwerden sich dadurch gebessert haben.
Parallel dazu mache ich nebenher Übungen um die Rückenmuskelatur zu stärken und fahre sehr viel aktiver Motorrad als vor der Diagnose (Das heißt ich gehe bei Ortsdurchfahrten [In den Ortschaften sind die Straßen hier in BaWü am schlechtesten], bei Unebenheiten denen ich nicht ausweichen kann, einen cm aus dem Sattel - so kommen die Schläge nicht am Kreuz an und man tut noch was für die Skelettmuskulatur.
Soweit zu meinen Erfahrungen - ich will damit keinem raten mit einem akuten Bandscheibenvorfall aufs Motorrad zu steigen, möchte auch nochmals eingrenzend erwähnen, dass ich Probleme im Lendenwirbel-Bereich habe - ich kann mir sehr gut vorstellen, dass man bei Schäden an der Hals- oder Brustwirbelsäule das Motorrad wirklich für immer stehen lassen sollte. Ich möchte aber an dieser Stelle allen Mut machen, dass Bandscheibenprobleme nicht das Ende eine motorradfahrenden Lebens sein muss. Mit Aufbau der Stützmuskulatur und aktivem Fahren fahre ich bisher ganz gut. Ob es bei euch geht, müsst ihr selbst (und auf eigene Gefahr) herausfinden. Ich wünsch euch auf jeden Fall alles gute und dass ihr keine akuten Probleme mehr habt.
Gruß Matt